Hintergrund:
Knud Rasmussen war ein dänisch-grönländischer Polarforscher, Ethnologe und Schriftsteller. Er gilt als einer der bedeutendsten Erforschenden der Arktis und der Kultur der Inuit. Nach zwei vorherigen Thule-Expeditionen startete er 1919 die dritte, die wissenschaftlich und kulturell besonders bedeutsam wurde.
Ziele der Expedition:
Die 3. Thule-Expedition hatte hauptsächlich folgende Ziele:
- Geographische Erkundung: Die Expedition sollte feststellen, ob ein zusammenhängendes Inlandeisgebiet zwischen Nordgrönland und Ellesmere Island existiert.
- Ethnologische Forschung: Rasmussen wollte die Lebensweise, Sprache und Mythen der Polar-Inuit dokumentieren, insbesondere jener, die bis dahin kaum Kontakt mit Europäern hatten.
- Wissenschaftliche Datenerhebung: Meteorologische, geologische und zoologische Beobachtungen sollten gemacht werden.
Anmerkung:
Ursprüngliches Ziel der 3. Thule-Expedition (1919–1920) war es tatsächlich, Versorgungsdepots für eine geplante Expedition von Roald Amundsen im arktischen Kanada anzulegen.
Warum es nicht dazu kam:
- Amundsens Pläne änderten sich, und seine Expedition verzögerte sich bzw. wurde in anderer Form durchgeführt.
- Deshalb verfolgte Rasmussen die Thule-Expedition unabhängig weiter, wobei der Fokus nun verstärkt auf geographischer und ethnologischer Forschung lag.
Verlauf:
Die Expedition begann im Jahr 1919 und dauerte bis 1920. Sie startete vom Handelsposten Thule im Nordwesten Grönlands, den Rasmussen selbst gegründet hatte. Er und sein Begleiter Peter Freuchen sowie mehrere Inuit nutzten Hundeschlitten als Hauptfortbewegungsmittel.
- Die Gruppe reiste über das Inlandeis und die Nordküste Grönlands nach Westen.
- Sie überquerten das Eis und erreichten schließlich Ellesmere Island im kanadischen Arktisarchipel.
- Dabei bestätigten sie, dass Grönland von Kanada durch einen schmalen, eisfreien Meeresarm getrennt ist (heute als Nares Strait bekannt).
Ergebnisse:
- Geographisch: Die Expedition widerlegte die bis dahin bestehende Hypothese, dass Nordgrönland mit dem nordkanadischen Festland verbunden sei. Rasmussen bewies, dass es sich bei Grönland um eine Insel handelt.
- Ethnologisch: Rasmussen sammelte umfangreiche Informationen über das Leben der Inuit, ihre Sagen, Religion und soziale Strukturen.
- Wissenschaftlich: Die Expedition trug neue Daten zur Arktisforschung bei, u. a. über Gletscher, Tierwelt und klimatische Bedingungen.
Bedeutung:
Die 3. Thule-Expedition gilt als ein Meilenstein in der Arktisforschung. Sie verband ethnografische Forschung mit geographischer Erkundung und wurde zur Grundlage für Rasmussens späteres Werk, insbesondere seine bedeutende 5. Thule-Expedition (1921–1924).